Mythen der Gesellschaft: Das Auto (I)

Alle Bemühungen, das Auto in der Gesellschaft zurückzudrängen, scheinen zu scheitern.
Der Grund ist nicht fehlende Information, fehlende Einsicht, fehlende Radwege oder sonst etwas…

Der Grund ist, daß die Menschen Auto fahren wollen.
Sie wollen es; so simpel wird es immer bleiben.

In einer Welt ohne positive Einstellung zum Archaischen im Menschen, kämpft er gegen sich
selbst und das Auto bietet praktischen, symbolischen Ersatz:

für Heimat, Freiheit, Selbstbestimmung, Fluchtmöglichkeit, Verheißung, Erfüllung von Sehnsucht
nach Ferne und persönlicher Bedeutung und vieles mehr…

Diese gehören zu den stärksten Antrieben des Menschen; sie sind durch Appelle ans
Verantwortungsgefühl und Polemiken zur Staustatistik nicht zu zähmen.

NICHTS wird daran etwas ändern, solange unsere manisch auf Sicherheit bedachte Gesellschaft
keinen Raum für wahre Heldenreisen bietet (und sich so, individuell und kollektiv, immer mehr
um Erfahrungen und infolge in Gefahr bringt…).

Auto oder kein Auto – wenn man bei dieser Frage zwischen Vernunft und Egoismus, Ratio und Selbstbetrug
polarisiert und so die „richtige“ Entscheidung zu erpressen versucht, verkennt man den Kern des Problems:

  • Viele Menschen werden heute aufgrund der Technisierung und Digitalisierung von Alltag und
    Arbeitswelt nicht in der Lage sein, mental und/oder körperlich, ihr Urbedürfnis nach erlebter Kraft,
    Gefahr und Kameradschaft zu erleben, ohne sich in Schwierigkeiten zu bringen – vielleicht noch inszeniert
    im Fitnessclub, ansonsten aber stellvertretend über das Auto.
  • Es braucht immensen Freiheitsdrang, Phantasie und Durchsetzungsvermögen, im Hamsterrad der Leistungswelt
    die eigene, archaische Natur authentisch erlebbar zu machen – im durchstrukturierten Umfeld
    als modernem Standard kaum machbar.
  • Die Vielfalt der täglichen Anforderungen und Belastungen erfordert eine symbolische Realisierung
    von Urbedürfnissen eingepasst in den Alltag – da, wo sie gerade noch Platz haben, zwischen
    Büro und Heimadresse, Arbeitsschluß und Fernseher.

Das Auto bietet den pefekten Ausweg: anerkannt, prestigeträchtig, individuell.
Es verleiht Bärenkräfte und schützt einen gefühlten Raum von Eigentum – mobil, nicht zu greifen, anonym, behütend,.
Es tritt ganz nach Bedarf an die Stelle von Höhle oder Haus, Keule oder Panzer, Kühlschrank oder Heizung;
es ist die Leinwand für Gefühle aller Art.
Mit der Erweiterung der technischen Möglichkeiten steigt das Vergnügen an der Unvernunft auf Rädern.

Aber ist das Auto das Problem? Oder die mangelnden Chancen für das, was der Mensch wirklich braucht?

Ist die fehlende Vernunft das Problem oder die vorhandene?

Was sucht der Mensch im Auto „da draußen“?

Bald kommt Teil II:-).


You cannot copy content of this page.

Nach oben scrollen